Was bleibt, Porträts im Hospiz

 
Seit Juli 2017 arbeitet Petrov Ahner am Langzeitprojekt „Was bleibt, Porträts im Hospiz“. Es ist eine Arbeit mit Menschen, die wissen, dass sie
in naher in naher Zukunft sterben werden. Was verändert sich, wenn man weiß, dass man demnächst, nicht irgendwann, nicht mehr da ist?
Mit Unterstützung des Ricam Hospizes werden Patienten/innen des Hospizes in Berlin porträtiert und interviewt. Ahner ist es dabei wichtig zu
zeigen, wie individuell und unterschiedlich die Versuche der Einzelnen sind, mit diesem Prozess zu leben und einen Alltag in dieser Situation
zu gestalten. Dies illustrieren die von Ahner durchgeführten Portraits, Interviews und fotografischen Dokumentationen.
 
 
Since July 2017 Petrov Ahner has been working on the long-term project "What Remains, Portraits in the Hospice". It is a work with people who
know that they will die in the near future. What changes when you know that you won’t be there any more, anytime soon? With the support of
Ricam Hospice, patients of the hospice in Berlin are portrayed and interviewed. It is important for Ahner to show how individual and different the attempts of the individuals are to live with this process and to create an everyday life in this situation. The portraits, interviews and photographic documentaries carried out by Ahner illustrate this.
 

 
 
 
 

Burgit Cohrs
 
fotografiert am 29.03.2019 27.05.2019
 
Ich vermisse am meisten ins Olympiastadion zu gehen, das vermisse ich wirklich am meisten. Wir haben den ersten Rollstuhlfahrer Fanclub gegründet, bei Hertha BSC, da gab es nie einen. Das hat so ein Spaß gemacht alles, hatten auch Mitspracherecht beim Stadionbau, das haben wir uns eingeklagt, das wir unsere Plätze selber wählen können und nicht einfach, sonst wenn man irgendwo ins Stadion geht, geht man immer bei die Gegnerischen, immer bei den Rollis, alle werden sie immer zusammengepfercht, aber bei uns nicht. Da sind die gegnerischen Fans auch bei ihre Leute und wir bei unsere Leute, mitten in der Fankurve und das ist bei den anderen Stadien nicht.
 
 
 
 
 
 
 
 
Jörg Sperling
 
fotografiert am 22.02.2019 16.04.2019
 
Ich hab jetzt ein Loch in der Lunge, woher auch immer, und da haben sie gesagt, ich soll ins Hospiz, ihre Möglichkeiten sind erschöpft in der Klinik. Und hier bin ich noch unter Beobachtung und mein Ziel ist aber halt, wieder ins Leben zu treten und wieder ganz normal zu leben, mit der Krankheit natürlich. […] Und manchmal vergesse ich sogar, dass ich krank bin, aber das ist ganz selten, 2 Tage im Jahr vielleicht. Wenn ich morgens aufwache, dann warte ich immer bis der Körper auffährt, und dann kommt das, dann kommt das, und manchmal gibts einen Tag, da warte ich dann, na mal sehen, was heute wieder anders ist, da kommt gar nichts, da tut nichts weh, oh das ist dann geil, aber das ist ganz selten.
 
 
 
 
 
 
 
 
Marie-Luise Giseler
 
fotografiert am 14.02.2019 25.05.2019
 
Ich bin wirklich dankbar und aufrichtig dankbar, wenn ich noch ein paar Jährchen, ein paar Jährchen, ich will ja nicht unverschämt sein, wenn ich ein paar Monate leben darf, darüber würde ich mich freuen. Vorgestern oder so, das tut mich immer so ein bisschen schockieren, da kamen die wieder mit einem Sarg hier lang, ach Gott, das schockiert, das glauben Sie. Dann gehen Sie ganz leise wieder raus. Na ja klar, die Leute müssen weggebracht werden, aber es ist kein schöner Anblick.
 
 
 
 
 
 
 
 
Udo Koch
 
fotografiert am 13.02.2019 14.06.2019
 
So schnell wie möglich die Scheiße hinter mich kriegen und dann ist gut!
 
 
 
 
 
 
 
 
Angelika Ahrens
 
fotografiert am 22.11.2018 11.12.2018
 
Mein Mann, der ist zu Hause, zweimal war er hier, der kann das nicht. Nee, dreimal war er hier. Meine Tochter hat ihm was gesagt, dass ich mich ja freuen würde und da hat er gesagt, er weiß, das ich es hier gut habe und dann ist gut für ihn. Er kann es nicht, ist trotzdem Krankenhaus für ihn. Mein Mann, wir sind alle 5 Stunden am telefonieren, gibt zwar nichts mehr zu reden , Mittagessen, wie geht es dir, was hast du heute gemacht? Das ist natürlich sehr übersichtlich. Das ist nicht einfach, […] mein Mann lässt sich auch nicht wirklich drauf ein.
 
 
 
 
 
 
 
 
Ruth Mircowitsch
 
fotografiert am 20.11.2018  nach Hause 06.03.2019
 
Also der ist ziemlich groß, der Tumor und sie konnten nicht alles wegmachen. Und dann haben sie mir 2 Ausgänge gemacht, also links ein Stoma für Stuhlgang und rechts der Ausgang für das Kleine. Das ist für mich erstmal nicht leicht damit zu leben. […] Ich wollte gleich sterben, weil ich hab mir nicht vorstellen können, mit zwei so Dingern an mir zu leben.
 
 
 
 
 
 
 
 
Dagmar Just mit ihrem Mann
 
fotografiert am 02.11.2018 16.11.2018
 
„Wir setzen uns mit Tränen nieder“, ich hab die auch hier gespeichert und noch Arioso, das ist ein ganz bekanntes Stück am Ende, so ein ganz zartes Ding zum Abschluss, wenn Sie alle weggehen.Und am Grab gibt’s dann noch einen Popsong von John Lennon. Früher machte man doch Beerdigungen mit Satchmo, es wurde getrommelt und gefeiert und gelacht und getanzt und wie man so aus New Orleans kennt. Und so möchte ich das dann ganz gerne irgendwie.
 
 
 
 
 
 
 
 
Monika Blomberg
 
fotografiert am 30.10.2018 26.11.2019
 
Mein zu Hause fehlt mir, das ist klar, ich hab ja ne Wohnung und dann jetzt so alles zu verlassen, das ist wie auswandern irgendwie, wie auf der Flucht sein. Da werde ich nie wieder hinkommen und das ist natürlich unangenehm.
Obwohl man sich hier eigentlich überall wohlfühlt, es ist wirklich toll hier, also ich will da jetzt nicht Reklame für machen aber das ist wirklich toll hier. Wenn man jetzt nicht wüsste , dass man todkrank ist, könnte man denken, man ist irgendwo im Hotel.
 
 
 
 
 
 
 
 
Andrea Jeschkeit-Engelhardt
Andrea Jeschkeit-Engelhardt
 
fotografiert am 13.04.2018 03.06.2018
 
Dass ich nochmal die Zeit habe, also einige Sachen, die ich gerne machen möchte mit meinen Liebsten, die noch am Leben sind, das gibt es ja, da hat sich meine Mama darum gekümmert – „Wünsche wagen“. So eine Sache, die man gerne machen möchte, dass die sich erfüllen. Ich kann nicht mehr richtig sprechen. Manchmal, auch mitten im Satz, alles weg. Fällt mir eventuell nochmal ein oder gar nicht mehr. Und das ist eben meine Sorge, später, weiß nicht wann, gar nichts mehr mitzubekommen, das möchte ich eigentlich nicht erleben, aber das kann man sich nicht aussuchen.
 
 
 
 
 
 
 
 
Anni Gembus
Anni Gembus
 
fotografiert am 13.04.2018 13.07.2018
 
Ich hab jetzt hier so ein Aquarium, hab meine Fröschchen von zu Hause mitbringen lassen, um eben auch ein bisschen Gesellschaft zu haben. Meine Frösche, das ist mir sehr wichtig, die habe ich schon jahrelang und die möchte ich nicht missen. Ansonsten sitze ich auch viel bei schönem Wetter auf dem Balkon, träume vor mich hin, mache mir so meine Gedanken und denke auch viel jetzt über Sterben und über den Tod nach. Vor dem Tod selbst habe ich keine Angst, ich habe nur Angst davor, dass ich eventuell noch sehr viel Schmerzen haben werde.
 
 
 
 
 
 
 
 
Brigitte Germann
Brigitte Germann
 
fotografiert am 23.02.2018 17.03.2018
 
Heute Abend kriege ich Besuch, mein Freund kommt mit seiner Betreuerin, morgen kommen meine Geschwister. Ich habe jeden Tag Besuch, geht wie in einem Taubenschlag, ich habe den meisten Besuch von allen. Da kann es mir noch so dreckig gehen, da sage ich nicht ab.
 
 
 
 
 
 
 
 
Wolf-Dieter Geissler
Wolf-Dieter Geissler
 
fotografiert am 08.02.2018 27.06.2018
 
Mein Hauptleiden in diesem Hospiz, Leiden ist nicht das richtige Wort, die Veränderung zu meinem Leben vor dem Hospiz ist, dass ich hier eine unglaubliche Vergesslichkeit an den Tag lege. Das ist ein Schicksal, das Philosophen gar nicht mögen. Ich hab mich auch wirklich dagegen gestemmt. Jetzt leide ich wenigstens nicht darunter, dass ich vergesslich bin, sondern ich bin nur noch vergesslich.
 
 
 
 
 
 
 
 
Mandy Koch
Mandy Koch
 
fotogarfiert am 15.12.2017  20.12.2017
 
Ich habe auch das Glück, dass eine Freundin von mir hier arbeitet. Sie kommt dann mit ihrer Familie hierher und dann machen wir abends ein richtig tolles kleines Buffet hier für uns. Da gönnen wir uns richtig leckeren Käse, machen eben Bullettchen, auf was wir alles so Lust haben und dann werden wir hier eine richtig schöne, nette, kleine Weihnachtsfeier machen.
 
 
 
 
 
 
 
 
Udo Rauhut
Udo Rauhut
 
fotografiert am 14.12.2017 17.01.2018
 
Als ich erfahren habe, dass ich krebskrank bin und nicht mehr lange zu leben habe, war das für mich eigentlich eine Erleichterung, eher was positives, in dem Sinn, jetzt weiß ich, wie es geht, ich habe noch ein bisschen zu leben, viel nicht und da habe ich all das gelesen, was sich zu Hause bei mir angesammelt hat. Ich bin alleinstehend, hab keine Familie, keine Verwandten und habe alleinstehend immer das gemacht, was mich interessiert hat.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Gustafo Jaramillo Guzmann
Gustafo Jaramillo Guzmann
 
fotografiert am 25.09.2017 15.11.2017
 
Im Frühstücksaal treffe ich ein paar von den anderen Patienten und wir unterhalten uns über verschiedene Sachen, andere Patienten sind in sich und wollen nicht so gesprächig sein. Dann komme ich nach dem Frühstück in mein Zimmer und kann vormittags alte Briefe lesen und ich habe so einen Schredder, dann vernichte ich sie.
 
 
 
 
 
 
 
 
Manuela Winkel
 
Manuela Winkel
 
fotografiert am 03.07.2017 03.08.2017
 
Am meisten beschäftige ich mich mit mir selber, ich bin mir wichtig im Moment. Das ich für mein Wohlbefinden Sachen wahrnehme, das ist mir ganz wichtig. Und dann immer abgrenzen: Nee, damit willst Du nichts zu tun haben, das belastet dich, das willst du nicht mehr.
 
 
 
 
 
 
 
 
Was bleibt, Porträts im Hospiz